Mittwoch, 22. April 2009

Die Reise eines kleinen Regenwurms

Es war einmal ein kleiner brauner Regenwurm der ganz traurig war, da er immer sehr alleine in seinen unterirdischen Gängen herum wandern musste und keiner da war um ihm Gesellschaft zu leisten. „Keiner mag mich!“ dachte er. Der kleine Wurm glaubte daran wäre seine Hautfarbe schuld. Kackig braun war er nämlich und er glänzte auch gar nicht so schön glitschig wie die anderen Würmer. Er beschloss dies zu ändern. Aber wie konnte er das anstellen? Die ganze Nacht lag der arme, kleine, kackebraune Regenwurm wach. Sein kleines sandiges Gehirn tat ihm schon weh vom vielen überlegen, bis er am frühen Morgen eine Idee hatte. Er fasste den Entschluss einen „glänze-bleiche Arzt“ aufzusuchen!


Kurzum kroch er aus seinen modrigen Erdgängen und streckte und reckte sich im hellen Sonnenlicht. Er streifte die Erdkrümel, Wurzelreste und all den anderen Schmutz von seiner runzeligen Haut und machte sich langsam auf den mühevollen Weg. Er wusste, dass es nicht einfach war und, dass er vielen Gefahren trotzen musste. Ihm klopfte sein kleines, kackebraunes Herzchen als er sich durch die Grasbüschel wand. Immer wieder ertönten seltsame Geräusche und der kleine Regenwurm erschrak jedesmal so sehr, dass er sich zusammenrollte und den Kopf in den Sand steckte. Wie unwirklich ihm diese Welt hier draußen erschien. Auch die Sonne machte ihm Schwierigkeiten und sein Kehlchen schnürte sich vor Durst zusammen. Kein Krümelchen matschige Erde, keine feuchte Wurzel an deren Ende er seinen Durst hätte stillen können. Wieder und wieder kamen ganz in der Nähe laute, riesige Dinger angewalzt, die alles platt zudrücken schienen was ihnen in den Weg kam. Er hatte auch Angst erdrückt zu werden und stellte sich vor das dann nur ein kleiner, kackebrauner Fleck von ihm übrig bleiben würde. Das wäre so furchtbar, dass ihm schon bei dem Gedanken daran die Tränen der Erschütterung in die Augen schossen. Immer schneller wand er sich um diesen ratternden Ungetümen zu entkommen, was ihm schließlich auch gelang. Er verließ den schattenreichen Gräserwald und stand nun vor einer großen, toten, schwarzen Wüste. Die Hitze wurde unerträglich und sein Körperchen brannte als er auf die dunkle, harte Fläche robbte. Von weitem sah er schon den Eingang des „glänze-bleiche Arztes“. Ein rot leuchtender Rosenbusch wuchs über der Praxis. Was könnte eine bessere Reklame für einen „Schöhnheitsschenker“ sein als diese wohlgeformte Pflanze mit den wundervollen, stolzen Blüten? Die Zunge aus dem kleinen Mäulchen hängend, hechelte er hoffnungsvoll seinem Ziel entgegen. Doch dann hörte er wieder dieses laute Rattern und Brummen, die Erde bebte, sein Körperchen zitterte als ES an ihm vorbei, ja, sogar über ihn hinweg rauschte. Ein riesiges, stinkendes Ungeheuer. Nur noch wenige Meter – für einen kleinen Wurm war das ganz schön viel – und er würde am Ziel sein. Bei dem Wurm, der ihm in seiner Not helfen konnte, dem „glänze-bleiche Arzt“. Immer mehr Monster kamen, die Geräusche waren ohrenbetäubend. Er schwor sich nie wieder sein Erdreich zu verlassen, falls er wieder heile zu Hause ankommen sollte. Es kam ihm so vor als hätte eine Invasion begonnen und die Außererdigen machten Jagt auf ihn. Schneller und schneller kroch er, versuchte den Kreaturen auszuweichen. Klitzekleine Schweißtröpfchen flossen seinen Körper hinab. „Bald...“ dachte er.


So einfach sollte es ihm jedoch nicht gelingen zu seinem Ziel zu gelangen. Ein riesiger Abgrund tat sich vor ihm auf, doch sogleich fand er die Rettung. Ein kleiner Steg führte auf die andere Seite. Langsam schlängelte er sich die Metallbrücke entlang und hatte alle Mühe die Balance zu halten. Aber er hatte die Gewissheit, dass die größte Gefahr zermatscht zu werden vorüber war. Die Ungetüme schossen nicht mehr direkt an ihm vorbei oder über ihn hinweg. Geschafft! Endlich hatte er nicht mehr diesen Abgrund unter sich, er wollte sich schon freuen als sich vor ihm eine steinige Felswand erstreckte. Wie wollte er diese nur erklimmen? Ein Gefühl der Ohnmacht und Hilflosigkeit überkam ihn. Am liebsten wäre der kleine, kackebraune Regenwurm verzweifelt in Tränen ausgebrochen. Nun war er so weit gekommen und sollte doch nie sein Ziel erreichen? Trotzig schlug er mit seiner kleinen Faust gegen den Fels. Da merkte er wie rauh und zermürbt er war und versuchte sich langsam daran empor zu hangeln. Wie sehr sehnte er sich danach Gängen, in die weiche, kackebraune Erde zu graben, den kühlen Matsch auf seiner Haut zu spüren, statt dessen musste er hier in praller Hitze, kurz vor dem Vertrocknen Berge erklimmen. Traurig schaute er sich um, nach links, nach rechts und da, ganz da vorne wurde die Felswand niedriger. Mit neuem Mut machte er sich auf den Weg, schielte immer wieder an der Felswand hinauf und merkte, dass sie tatsächlich immer niedriger wurde. An der niedrigsten Stelle angelangt, machte er eine kleine Pause, holte zwei-, dreimal tief Luft, sammelte seine letzten Regenwurmkräfte und machte sich an den Aufstieg. Und siehe da, er kam vorwärts, wohl etwas angestrengt, aber er schaffte es das Hindernis zu erklimmen.


Erschöpft und außer Puste fühlte er nach ein paar Minuten wieder heimisch, feuchte Erde unter sich die seinen erhitzten Körper kühlte.

Nicht weit von ihm ragte der leuchtende Rosenbusch in den Himmel und darunter sah der Regenwurm das ersehnte Türchen zur Praxis. Mit einem müden Lächeln trat er ein. Seine Sinne schienen ihn zu täuschen als er diese wundervolle Wesen an der Rezeption erblickte die ihm freundlich entgegen sah. Eine Göttin von einer Regenwurmine. Ihre Haut glänzte schillernd und war schwarz wie die Nacht, ihre Augen glitzernden wie Sterne und das weiße Häubchen auf ihrem wohlgeformten Kopf leuchtete wie der Mond in einer warmen Sommernacht. Sie hauchte ein zartes „Guten Tag...“ und dem kackebraunen Würmling wurde ganz warm ums Herz. „Hallo...oh...“ stotterte er. Seine kackebraunen Wangen wurden von einem leuchtenden Rotton durchzogen, sein Herz raste und seine trockene, stumpfe, kackebraune Haut wurde ganz feucht und glänzte vom Schweiß seiner Aufregung beim Anblick dieses Geschöpfes. „Wie schön sie ist!“ dachte er und lächelte. „Wie kann ich Ihnen helfen?“ hörte er ihre Stimme, die in seinen Ohren klang wie der wunderbare Gesang einer lieblichen Nachtigall. „Oh...helfen. Danke, ich denke mir wurde soeben geholfen.“ Stammelte er, „Würden sie mit mir einen schokoladenbraunen Kakao trinken gehen?“ er schaute ihr schüchtern in die Augen. So mutig er auch auf seiner Reise gewesen war, nun bewies er noch größeren Mut. Sie lächelte breit und verschmitzt „ Ich würde liebend gerne mit ihnen einen schokoladenbraunen Kakao trinken gehen!“


Als sie gemeinsam, lächelnd zur Türe krochen, kamen sie an einem Spiegel vorbei und der kleine Regenwurm traute seinen Augen kaum. Sein kleiner Körper strahlte, glühte und glänzte in den schillerndsten Farben. Sein Herz schlug immer schneller als er das Bild im Spiegel betrachtete. Zwei glücklich lachende, sich liebende Würmchen, so ein Gefühl hatte er noch nie erlebt.


Also merke dir:

Willst du die wahre Liebe finden,

muss man Gefahren durchwinden,

und auch die Schönheit kommt von innen,

so kann jeder nur gewinnen!!!


(NH und YM 2000)

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